Mittwoch, 2. September 2015

Zur Mathematik der speziellen Relativität

(Kürzer und verständlicher gefasst im Februar 2016)

1. Voraussetzung: Nach Einsteins speziellem Relativitätsprinzip breitet sich das Licht in einem bewegten System genau so aus wie in einem ruhenden System, nämlich gleichmäßig nach allen Seiten mit der Geschwindigkeit c. Das bedeutet, dass in allen gleichmäßig-geradlinig, aber mit unterschiedlicher Geschwindigkeit bewegten Systemen das Licht die selbe Geschwindigkeit c hat.

2. Die Fragestellung

Einstein betrachtet Lichtstrahlen in einem bewegten Koordinatensystem und fragt, welche Geschwindigkeit diese Lichtstrahlen aus Sicht eines ruhenden Koordinatensystems haben. In § 2 des Urtextes von 1905 arbeitet Einstein mit Beobachtern. In § 3, dem mathematischen Kern der speziellen Relativität, ersetzt Einstein die Beobachter durch Koordinatensysteme. Schon dadurch wird die Fragestellung unklar. Sofern man jedem Beobachter gedanklich ein Koordinatensystem zuordnet, in welches er seine Beobachtungen wie in eine dreidimensionale Landkarte einordnet, so kann die selbe Frage unterschiedlich formuliert werden: Welche Geschwindigkeit hat ein bestimmter Lichtstrahl, der im bewegten System die Geschwindigkeit c hat
- aus Sicht eines ruhenden Beobachters?
- im ruhenden Koordinatensystem?

Einstein verwendet die Formulierung welche Geschwindigkeit der Lichtstrahl im bewegten Koordinatensystem "vom ruhenden System aus betrachtet" hat (Seite 899 des Urtextes von 1905). Damit bleibt die Fragestellung unklar.

1. Fragt er nach der Geschwindigkeit des Lichtstrahls im ruhenden Koordinatensystem, der im bewegten Koordinatensystem die Geschwindigkeit c hat?
2. Oder fragt er nach der Effektivgeschwindigkeit des Lichts zwischen Lichtquelle und Beobachter? Die wechselnde Lichtlaufzeit zwischen Lichtquelle und Beobachter ist aber nach mehrheitlicher relativistischer Auffassung nicht die Ursache der Zeitdilatation. Daher ist anzunehmen, dass Einstein mit seiner Formulierung die Frage 1 meint.


3. Die Transformation der Lichtkugelwelle, die sich im bewegten System gleichmäßig nach allen Seiten mit der Geschwindigkeit c ausbreitet, in ein ruhendes Koordinatensystem.

In Punkt A eines waagrecht mit der Geschwindigkeit v bewegten Koordinatensystems wird ein Lichtblitz gezündet. Infolge der Seitwärtsbewegung des Systems wandert die sich ausbreitende Lichtkugelwelle aus Sicht des ruhenden Koordinatensystems mit der Geschwindigkeit v. Dadurch verändern sich im ruhenden Koordinatensystem Richtung und Geschwindigkeit der Lichtstrahlen. Nur der Lichtstrahl auf der waagrechten x-Achse behält seine Richtung bei.

Nach einer bestimmten Zeitspanne t  hat im bewegten System jeder von A ausgegangene Lichtstrahl einen bestimmten Punkt B der Oberfläche der Lichtkugelwelle erreicht. Nach der selben Zeitspanne t hat im ruhenden Koordinatensystem jeder Lichtstrahl auf der in der Abbildung nach rechts gewanderten Lichtkugel einen bestimmten Punkt C erreicht.

Im ruhenden Koordinatensystem haben die Lichtstrahlen nicht die Geschwindigkeit c, sondern eine Geschwindigkeit, die sich aus den beiden Vektoren c und v zusammensetzt.

- Man sieht aus der Abbildung, dass infolge der Seitwärtsbewegung jeder Punkt B auf der Lichtkugelwelle des bewegten Systems sich waagrecht zu einem Punkt C des ruhenden Systems bewegt. Die mit C bezeichneten Endpunkte der Lichtstrahlen bilden die Lichtkugel im ruhenden System.

- Ebenfalls an der Abbildung kann man sich veranschaulichen, dass während der selben Zeitspanne, in der die Lichtstrahlen zu den Punkten B an der Lichtkugeloberfläche laufen, die Punkte B der Lichtkugel aus Sicht des ruhenden Beobachters (oder im ruhenden Koordinatensystem) nach C wandern. Die mit B bezeichneten Punkte des bewegten Koordinatensystems sind beim Eintreffen des jeweiligen Lichtstrahls deckungsgleich mit den jeweiligen C-Punkten des ruhenden Koordinatensystems. *) Daher trifft jeder Lichtstrahl gleichzeitig in einem mit B bezeichneten Punkt des bewegten Systems und dem identischen C-Punkt des ruhenden Systems ein. Bereits hier wird klar, dass es keinen Zeitunterschied zwischen den beiden Systemen gibt.

*) Man kann das an der statischen Abbildung nicht ohne weiteres sehen, es bedürfte dazu eines Videos. Aber es ist klar, dass es nur eine Lichtkugel gibt, die im bewegten und im ruhenden Koordinatensystem nach der Zeitspanne  t unterschiedliche Positionen hat. Mit anderen Worten: Die Lichtkugel steht innerhalb des bewegten Systems auf der selben Stelle und bewegt sich im ruhenden Koordinatensystem mit der Geschwindigkeit v.

Im ruhenden Koordinatensystem hat der Lichtstrahl auf der waagrechten x-Achse die Geschwindigkeit c + v, in der Gegenrichtung c - v. Bemerkenswert ist, dass auch die Überlichtgeschwindigkeit c + v in Einsteins Rechnung einfließt (Seite 898 und 899 des Urtextes von 1905). Nach Einstein darf es aber keine größere Geschwindigkeit als c geben - dies ist nur einer von mehreren Widersprüchen in der Theorie. Doch von größerem Interesse ist der Lichtstrahl auf der senkrechten y-Achse, weil er für die Zeitdehnung ursächlich sein soll.


4. Wie Einstein den Zeitunterschied zwischen den beiden Systemen konstruiert

Dazu betrachtet Einstein den Lichtstrahl auf der y-Achse des bewegten Systems und behauptet, dass dieser sich "vom ruhenden System aus betrachtet stets mit der Geschwindigkeit  V¯c² - v²  fortpflanzt"... (Seite 899 des Urtextes von 1905). Diese Aussage trifft nicht zu. Wie man im unteren Teil der obigen Abbildung sieht (es ist das aus vielen Darstellungen in der Literatur bekannte rechtwinklige Dreieck ABC), wäre die richtige Antwort V¯c² + v².

Einstein geht aber unzutreffend davon aus, dass der schräge Lichtstrahl AC die Geschwindigkeit V¯c² -  v² hat. Einstein schreibt dem ruhenden Beobachter vor, dies als Wirklichkeit nehmen und in dem Glauben bleiben, dass das Licht im bewegten System die Geschwindigkeit V¯c² - v² hat. Daher verlaufen aus Sicht des ruhenden Systems alle sichtbaren Vorgänge im bewegten System langsamer im Verhältnis c : V¯c² - v². Das entspricht umgerechnet dem Lorentzfaktor 1 : V¯1 - v²/c². Einstein erklärt den Lorentzfaktor zu einer allgemeinen Beziehung zwischen unterschiedlich bewegten Systemen.

Die Zeitdilatation resultiert aus diesem Rechenfehler. Nimmt man statt dessen den mathematisch korrekten Wert V¯c² + v², so sieht man aus der obigen Abbildung bzw. aus dem rechtwinkligen Dreieck ABC dass der Lichtstrahl in Punkt B des bewegten Systems und in Punkt C des ruhenden Systems gleichzeitig eintrifft


5. Wie kommt Einstein zu V¯c² - v²?

Einstein übernimmt diese Größe offenbar aus der Mathematik zum Michelson-Morley-Experiment. Doch in diesem Experiment ist das mathematische Szenarium anders als bei Einsteins Koordinatensystemen. Beim MM-Experiment lautet die Frage, welche Effektivgeschwindigkeit das Licht zwischen Lichtquelle und Beobachter hat. Der Beobachter bewegt sich weg vom senkrechten Lichtstrahl AB seitwärts nach C. Dadurch wird die Distanz zwischen Lichtquelle und Beobachter größer, die effektive Lichtgeschwindigkeit zwischen A und Beobachter verringert sich auf V¯c² - v². Nach der Literatur ist aber die sich ändernde Lichtgeschwindigkeit zwischen Lichtquelle und Beobachter ausdrücklich nicht Ursache der Zeitdilatation.

Aus diesem Grund kann die Frage in Einsteins mathematischem Szenarium nur lauten:: Das Licht auf der y-Achse des bewegten Systems hat die Geschwindigkeit c. Welche Geschwindigkeit hat dieser Lichtstrahl im ruhenden Koordinatensystem? Die Antwort  V¯c² - v² trifft nicht zu. Mit der Größe V¯c² - v²  beschreibt die spezielle Relativitätstheorie nichts anderes als einen Scheineffekt, der durch die zunehmenden Distanz zwischen Lichtquelle und Beobachter entsteht.


6. Die Längenkontraktion

Die Längenkontraktion entsteht durch eine bestimmte Messvorschrift Einsteins. Der ruhende Beobachter soll mittels im ruhenden System aufgestellter Uhren ermitteln, in welchen Punkten des ruhenden Systems sich Anfang und Ende eines bewegten Stabes zu einem bestimmten Zeitpunkt befinden (Seite 895 des Urtextextes).
Nach Einstein verläuft die Zeit in den beiden Systemen unterschiedlich. Nur unter dieser Voraussetzung stellt der ruhende Beobachter mit der beschriebenen Messmethode eine andere Länge fest als der mit dem Stab bewegte Beobachter, der an den bewegten Stab einen Meterstab anlegt. Die Zeitdilatation ist daher Voraussetzung für die relativistische Längenkontraktion.

Weil infolge der Längenkontraktion der Weg des Lichtes auf der x-Achse um den Lorentzfaktor kürzer erscheint, hat das Licht aus Sicht des ruhenden Systems nicht nur auf der y-Achse, sondern auch auf der x-Achse die Geschwindigkeit V¯c² - v².

Einstein schreibt, dass die x-Dimension im Verhältnis  1: V¯1- v²/c² verkürzt erscheint (Seite 903 des Urtextes). Dagegen soll die Zeitdilatation und der damit verbundene langsamere Gang der Uhren ein realer Effekt sein (Seite 904). Dann wäre die aus Sicht des ruhenden Koordinatensystems auf  V¯c² - v² verringerte Lichtgeschwindigkeit auf der x-Achse ein Scheineffekt, auf der y-Achse ein realer Effekt??



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Die Mathematikerin Gertrud Walton bestätigt die Auffassung, dass Einstein die Lichtkugelwelle zwischen unterschiedlich bewegten Koordinatensystemen falsch transformiert
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Nicht alle Physiktheoretiker versteigen sich zu der Behauptung, dass die Zeit relativ sei und dass der relativistische Zeitbegriff der einzig wahre sei. Einzelne von ihnen sprechen realistisch von der Relativität der Zeitmessung. Die Relativität der Zeitmessung ist eine banale Selbstverständlichkeit, für die man keine unverständliche Relativitätstheorie benötigt. Eine bewegte Uhr scheint langsamer oder schneller zu gehen, je nachdem ob die Distanz zwischen Uhr und Beobachter während der Beobachtungsdauer größer oder kleiner wird.